Wenn ein geliebter Mensch stirbt, hat man das Gefühl, es könne nicht angehen, dass die Welt sich weiter dreht. Doch alles geht seinen Weg und der Zurückbleibende muss mit der Empfindung der Trauer umzugehen lernen.
Unsere Trauer ist so individuell verschieden und wird so unterschiedlich wahrgenommen, wie das Leben selber. Dennoch ist jede Trauer durch ganz bestimmte Phasen gekennzeichnet.
Zunächst erlebt der Trauernde ein Gefühl des Nicht-wahr-haben-Wollens. Er kann sich mit der Realität des
Geschehenen noch nicht abfinden, fühlt sich wie betäubt und ist deshalb oft nicht einmal in der Lage, die einfachsten Handgriffe des täglichen Lebens zu verrichten. Diese Reaktion soll den
Trennungsschmerz mindern („betäuben“) und dauert meist nur kurze Zeit.
Sobald dem Trauernden die Realität seines Verlustes bewusst wird, kehrt in der Regel auch seine grundlegende Handlungsfähigkeit zurück.
In der nun folgenden Trauerphase fühlt sich der Trauernde seinem emotionalen Schmerz besonders deutlich ausgesetzt. Die organisatorischen Vorbereitungen der Bestattung sind ein willkommener Ausweg, von dem so tief empfundenen Schmerz abzulenken. Sobald wieder Ruhe einkehrt, bricht jedoch das Gefühlschaos aus. Angst, Wut, Schuldgefühle und sogar Zorn auf den Verstorbenen (“Wie konntest Du mir das nur antun?!?”) sind ganz natürliche Reaktionen der Psyche während dieser Phase.
Wichtigste Aufgabe des Trauernden ist ein bewusstes Loslassen des Verstorbenen (mit allen wechselseitigen Forderungen, Verletztsein und eigener Schuld). Eine einfühlsam gestaltete Trauerfeier vermag mit einem Ritus des Abschiednehmens diesen Schritt wesentlich erleichtern.
Während der dritten Trauerphase ziehen sich viele Trauernde fast völlig auf sich selbst zurück. Diese Phase ist gekennzeichnet von einer allgemeinen Lustlosigkeit. Häufig kommt es in dieser Zeit auch zu deutlichen somatischen Symptomatiken der Trauer (Appetitlosigkeit, Schlaflosigkeit, Schmerzen in den verschiedensten Körperteilen, …). Diese Phase ist die anstrengendste, längste, aber auch wichtigste im gesamten Trauerverlauf. Besonders Angehörige und Freunde sind gefordert, den Trauernden in dieser Zeit nicht alleine zu lassen und ihm liebevoll verstehend zur Seite zu stehen. Aber auch professionell Trauerbeleitung vermag hier entscheidende Hilfe zu leisten.
Die letzte Phase der Trauer ist gekennzeichnet durch eine Neuorientierung des Trauernden. Andere Menschen gewinnen wieder zunehmend an Bedeutung. Motivation und Handlungsfähigkeit kehren schrittweise zurück.
Es gibt kein Rezept gegen den Schmerz der Trauer. Jede Phase der Trauer will jedoch bewusst durchlebt, ja durchlitten, sein. Nur wer sich seiner Trauer stellt, wird diese schließlich bewältigen. Dies erfordert Mut und die bewusste Entscheidung, das Leben als Geschenk zu sehen und es immer und immer wieder neu zu wagen …
Im Umgang mit Trauernden ist deren Umfeld oft überfordert. Verhaltesnsweisen werden missverstanden und fehlinterpretiert. Das führt zu gegenseitigen Verletzungen und reißt immer weitere Wunden auf. Wenn Angehörige jedoch lernen grundlegende Verhaltensmuster Trauernder zu verstehen und liebevoll-geduldig zu (er-)tragen, wird das Miteinander leichter.
1. Trauernde bitten nicht um Hilfe
Egal wie schwer das eigene Schicksal auch erlebt wird: Trauernde bitten nicht um Hilfe. Zu sehr sind sie auf sich selbst und ihre eigene Problematik fixiert.
Diese Haltung bedeutet aber keinesfalls die grundsätzliche Ablehnung aufrichtig gemeinter Hilfsangebote. Vielmehr sitzt die schmerzhafte Erfahrung des verlustvollen
Alleingelassenseins einfach zu tief. Unbewusst spielt sicher auch die Angst vor Ablehnung eine wesentliche Rolle. Die eigene Erfahrung des “Verlassenwerdens” bringt für den Trauernden
letztendlich gerade dies zum Ausdruck: ein abgelehntes Hilfegesuch.
2. Trauernde suchen keine Nähe
Auch wenn dies oft als bewusstes “Alleinseinwollen” missverstanden wird: Trauernde sehnen sich nach jeder noch so geringen Geste der verständnisvollen Zuwendung und des aufrichtigen Interesses. Obwohl ihr Blick für die Bedürfnisse anderer vorübergehend deutlich eingeengt ist, sind und bleiben sie doch auf menschliche Nähe angewiesen. Verständnisvolle Begleitung wird dies berücksichtigen und gegebenenfalls behutsam lenkend eingreifen und immer und immer wieder den Kontakt suchen.
3. Trauernde rufen nicht zurück
… und sind doch im Grunde für jeden Anruf dankbar. Gerade das Telefon bietet eine unaufdringliche Möglichkeit, Interesse zu bekunden. Ohne in den häuslichen “Schutzbereich” des Trauernden einzudringen (was unter Umständen als Bedrohung empfunden wird) zeigt ein Anruf dem trauernden: “Ich bin nicht allein gelassen und vergessen. Ich bin es wert, dass man Zeit mit mir verbringt.”
4. Trauernde sind nicht gerne einsam
Trauernde trauern, weil sie einsam sind und Trauernde vereinsamen, weil sie trauern (und diese Trauer oft missverstanden wird). Einfühlsame Trauerbegleitung wird immer beides im Blick behalten: Das schmerzliche Bedürfnis des Trauernden nach menschlicher Nähe und seine gleichzeitige Unfähigkeit, diese zu suchen oder oft auch nur zu würdigen.